die GLS-Bank

die GLS-Bank

Die Vision der GLS-Bank ist eine sozial-ökologisch nachhaltige Gesellschaft, in der Geld an die „richtigen“ Stellen, also für ein ökologisch bewusstes und sozialverträgliches Miteinander geleitet wird. Einer der Grundsätze ist dabei, Geld als soziales Gestaltungsmittel zu betrachten, sodass bei dessen Einsatz und Verwendung Mensch und Umwelt im Mittelpunkt stehen. 

Was das konkret bedeutet und wie die GLS-Bank Alternativen zur Praxis „konventioneller“ Banken schaffen möchte, berichtet Florian Roth, Referent für Wirkungstransparenz und Nachhaltigkeit bei der GLS-Bank im Interview (von Dezember 2021).

Ein Transparent der GLS-Bank, an der Spitze einer Demonstration, mit der Aufschrift: Klimastreik
Quelle: GLS-Bank

Wie würdest du die Vision der GLS Bank beschreiben?

Einer unserer Grundsätze ist es, Geld als soziales Gestaltungsmittel zu nutzen. Das bedeutet, wenn wir Geld verwenden, steht dabei der Mensch im Mittelpunkt. Wir möchten zeigen, was mit Geld eigentlich alles möglich ist und das Geld etwas sehr Positives sein kann, wenn man es richtig einsetzt. Unsere Vision ist dabei eine sozial-ökologisch nachhaltige Gesellschaft, in der wir als Ansprechpartnerin für Finanzierung, Geld an die „richtigen“ Stellen in der Gesellschaft für einen sozial-ökologischen Umbau – also einem ökologisch bewussten und sozialverträglichem Miteinander – leiten.

Habt ihr dabei auch konkrete Zielsetzungen, wie ihr dieser Vision näher kommen wollt?

Wir haben Zukunftsbilder für einzelne Branchen entwickelt, wie die z.B. zu 100 % erneuerbare Energien zu verwenden, die bürger:innennah und dezentral organisiert sein sollen. Ähnliches gilt für die ökologische Landwirtschaft: Beispielsweise, dass diese vor allem auf Verbandsaufbau und Konzepte setzt, bei denen Direktvermarktung und solidarische Landwirtschaft eine wichtige Rolle spielen. Wir haben auch politische Forderungen wie eine Abgabe auf Pestizid- und Düngemittel (dies ist z.B. ein Ausschlusskriterium bei unserer Finanzierung) oder ein bedingungsloses Grundeinkommen.

Was hat euch dazu bewegt, das Projekt anzustoßen?

Es war relativ simpel. Die Menschen, die die GLS-Bank gegründet haben, wollten ursprünglich eine Waldorfschule gründen – kamen also aus der anthroposophischen Bewegung heraus – und haben keine:n gefunden, die das finanzieren konnten oder wollten. Dann haben sie sich entschlossen, das gemeinsam als Eltern zu finanzieren, woraus sich dann zunächst 1962 die GLS-Treuhand und später die GLS-Bank entwickelt hat. Dabei entstand eben auch die Idee, dort Geld zur Verfügung zu stellen, wo Raum für Veränderungen in der Gesellschaft ist. Wir haben dann z.B. auch den ersten Bau eines Windrads in Deutschland finanziert

Was hat sich durch das Projekt GLS Bank für euch persönlich und die Gesellschaft verändert?

In erster Linie zeigt es, dass es möglich ist, eine Bank anders zu führen. Man muss keine Kredite an schädliche Projekte zur Ausbeutung von Mensch und Umwelt vergeben und kann als Unternehmen trotzdem gut dastehen. Auch kann man Mitarbeitende zu guten Arbeitsbedingungen beschäftigen. Vor allem aber auch die Möglichkeit bieten, Projekte zu finanzieren, die von anderen sonst nicht finanziert werden, weil das Verständnis für solche alternativen Projekte total fehlt. Andere konventionelle Banken müssen erst überlegen, was denn z.B. die Solidarische Landwirtschaft oder das Mietshäuser-Syndikat eigentlich ist und ausmacht. Für uns ist es immer schön zu sehen, was wir für tolle Projekte, Firmen und Vereine finanzieren und dadurch auch nah dran sind, an dem was im gesellschaftlichen Wandel passiert – im Kleinen wie im Großen.

Persönlich ändert sich dadurch definitiv auch etwas. Man merkt das z.B. am Umgang miteinander oder mit den Kund:innen. Man merkt das auch daran, dass wir kein provisionsbasiertes Geschäft haben, es ist also niemand unter dem Druck einer Person etwas zu verkaufen, was sie eigentlich gar nicht braucht. Natürlich sehen wir auch, dass die Projekte die wir finanzieren sinnvoll sind. Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien, der Solidarischen Landwirtschaft oder zum Bau von Schulen. Das sind alles Projekte die uns sinnvoll scheinen und das macht es auch aus: In allen Projekten, Initiativen oder Unternehmen, die wir finanzieren, sehen wir einen gewissen Sinn.

Was wird aus deiner Sicht durch diese Art des Wirtschaftens anders? Was sind für euch wichtige Muster und Prinzipien alternativer Wirtschaftsformen?

Für uns ist Wachstum lediglich das Mittel zum Zweck, in unserem Verständnis also nur eine Folge sozial-ökologischen Wirtschaftens. Gerade im Banken-Kontext können wir auch zeigen, dass das was andere Banken im Bereich von Spekulationsgeschäften – wie z.B. Lebensmittelspekulation – machen, schädlich ist. Gleichzeitig zeigen wir, dass das auch anders geht und dass ich mein Geld nicht „schädlich“, also z.B. im Bereich von Waffengeschäften anlegen muss

Für mich heißt das auch, dass wenn wir nur Banken mit einem „sozial-ökologischen Gewissen“ hätten, es für menschenverachtende und umweltschädigende Branchen sehr schwer wäre, sich überhaupt zu finanzieren.

Welche Rolle spielen bei euch Aspekte von Wirtschaftsdemokratie und Mitbestimmung?

Wir sind eine Genossenschaftsbank, d.h. alle Menschen die einen Anteil bei uns haben, haben auch eine Stimme. Das ist für uns ein sehr wichtiger Kern, denn es gibt keine Personen unter den Anteilseigner:innen, die zu viel Macht haben. Gleichzeitig bedeutet das auch, dass sich alle prinzipiell mit einbringen können.

Bei über 90.000 Mitgliedern könnte die Beteiligung bei den Jahresversammlungen sicherlich noch höher sein. Durch digitale Formate der Mitbestimmung und Veranstaltungen über das Jahr verteilt, versuchen wir unsere Mitglieder bestmöglich einzubinden. In unser Satzung ist verankert, dass der Aufsichtsrat von den Mitgliedern gewählt wird, und auch über die Verwendung des Gewinns entscheiden final alle Anteilseigner:innen. Wir schauen aber auch intern sehr stark in unserer Organisationskultur, wie wir Hierarchien abbauen können, was regulatorisch wirklich nötig ist und experimentieren mit Konzepten wie z.B. der Holokratie. Da haben wir also eine Art Spielfeld von demokratischem Handeln, wo wir viele Ansätze und Konzepte ausprobieren.

Unsere Kund:innen und Mitglieder können bei der Kontoeröffnung z.B. auch angeben, welche Branche(n) sie mit ihrem Geld unterstützen wollen. In den letzten Jahren haben viele Menschen die ökologische Landwirtschaft ausgewählt, weil es für sie ein Herzensthema ist. Gleichzeitig ist es so, dass die ökologische Landwirtschaft im Vergleich mit anderen Branchen die wir finanzieren, anteilig nicht so groß ist, wie der Wunsch unserer Kund:innen dort zu investieren und Kredite zu vergeben. Deshalb haben wir letztes Jahr das Programm „Agrarwende“ gestartet, mit dem wir mit einer Summe von etwa.100 Millionen Euro, Kredite zu einem sehr niedrigem Zinssatz an Projekte in der ökologischen Landwirtschaft vergeben. Das war somit auch eine Reaktion darauf, was sich unsere Kund:innen wünschen.

Was bedeutet für euch „sozial/ökologische Transformation“ und in welcher Rolle seht ihr euch dabei?

Wir unterscheiden dabei in der Regel die wissenschaftliche und die werteorientierte Ebene. Wissenschaftlich orientieren wir uns derzeit z.B. am Modell der Donut-Ökonomie der britischen Wirtschaftswissenschaftlerin Kate Raworth. D.h. es gibt planetare Grenzen die wissenschaftlich gut belegt sind und es gibt gerade auch im sozialen und gesellschaftlichen Bereich verschiedene Ebenen, wie z.B. faire Bezahlung, die gewisse Grundrechte umfassen, an denen nicht zu rütteln ist. Das ist für uns das Eine, Unternehmen bei dieser Transformation im Einklang mit diesen Zielen und Grenzen zu begleiten.

Das Andere ist, dass wir eigene Wert- und Zukunftsvorstellungen haben, wie das Ganze aussieht. Also z.B., dass wir uns eine dezentrale Energiewende wünschen, in der Bürger:innen beteiligt sind und die nicht von drei großen Konzernen dominiert wird. Hier kommen aber auch wieder unsere politischen Forderungen ins Spiel. Eine ausnahmslose Abgabe auf den Ausstoß von CO2 und die Nutzung von Spritz- und Düngemitteln. Aber auch eine stärkere Besteuerung von Kapital und eine Entlastung von Arbeitseinkommen sowie ein bedingungsloses Grundeinkommen für Alle. Das sind unsere übergreifenden Themen auf die wir hinarbeiten und auf die wir auch Unternehmen und Projekte bei einer mögliche Finanzierung prüfen.

Die Zukunftsbilder und politischen Forderungen haben wir innerhalb der GLS-Bank, also auch als Belegschaft gemeinsam entwickelt.

Wo würdet ihr euch im „NOW-Pluriversum“ verorten?

Am ehesten würde ich uns da der Gemeinwohl-Ökonomie zuordnen. Letztendlich sind wir aber nicht an einem Fleck zu verorten. Wir ermöglichen Projekte im ganzen Pluriversum, ob solidarische Ökonomie, Commons, Gemeinwohl-Ökonomie oder kollaborative Ökonomie. Übrigens ganz transparent. Alle Kredite findet ihr in der Kreditliste unserer Bankspiegel. Wir sehen uns als eine Art Katalysator für die Förderung sozial-ökologischer Wirtschaftsweisen.

Welche Aspekte, Strategien sind für euch dabei besonders wichtig? Was braucht es aus eurer Sicht für eine sozial-ökologische Transformation?

Es braucht Menschen die sie angehen und mutig sind. Es braucht aber natürlich auch sehr stark die politischen Rahmenbedingungen, die sehr oft fehlen. Bestimmte Regelungen und politische Beschlüsse legen da leider noch zu oft Steine in den Weg. Das macht es natürlich nicht leichter. Gleichzeitig braucht es aber auch das Wissen und eine bewegungsübergreifende Zusammenarbeit. Das ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiger Faktor. Also das Wissen aus den verschiedenen Bewegungen und Initiativen im sozial-ökologischen Bereich zusammen zu bringen. Darauf können wir sehr gut aufbauen.

Mit Blick auf eure konkrete Praxis: Welche Initiativen und Projekte unterstützt ihr und anhand welcher Kriterien? Was zeichnet diese aus?

Wir haben dafür Positivkriterien und Ausschlusskriterien. Das sind Anlage- und Finanzierungsgrundsätze, die festlegen, was finanziert werden sollte und was nicht. Mögliche Finanzierungen müssen auch zu den Zukunftsbildern passen, die ich oben bereits erwähnt habe. Bei uns würde z.B. kein Projekt finanziert werden, dass mit der Förderung oder Verarbeitung fossiler Energie wie z.B. Kohle, Erdöl, oder auch Atomkraft zu tun hat. Selbst wenn es nur um Zuliefer-Unternehmen geht. Generell spielen natürlich auch die Geschäftspraktiken eine wichtige Rolle, also ob z.B. die Umwelt mutwillig verschmutzt wird oder Mitarbeitende diskriminiert werden.

Dann gibt es aber auch die Positivkriterien, die erfüllt werden müssen. D.h. es müssen Branchen sein, die wirklich etwas „Sinnvolles“ leisten und zur Befriedigung von Grundbedürfnissen beitragen. Sei es Bildung und Kultur, Gesundheit und Soziales, Erneuerbare Energien oder die ökologische Landwirtschaft. Als zusätzliche Branche nennen wir aber auch die „nachhaltige Wirtschaft“, bei der es ja auch die Debatte um die Transformation und Themen wie CO2-Neutralität geht. Bei einem „sinnvollen“ Geschäftsfeld ist die Frage der CO2-Neutralität sicherlich wichtig. Aber es gibt eben auch andere Aspekte, wie die Geschlechtergerechtigkeit oder auch die Förderung von Biodiversität.

Die Definition von „Nachhaltigem Wirtschaften“ ist ja durchaus kontrovers und nicht ganz so einfach. Wie geht ihr damit um bzw. habt Ihr beim Begriff „Nachhaltiges Wirtschaften“ eine bestimmte Abgrenzung definiert?

In der Regel schauen wir zunächst, ob ein Projekt aus unserer Sicht ein „sinnvolles“ Geschäftsfeld bedient – wie z.B. die Förderung von Biodiversität oder die Erfüllung eines Grundbedürfnisses. Im Anschluss prüfen wir, ob es in anderen Bereichen in irgendeiner Weise schädlich agiert – also gegen unsere Ausschlusskriterien verstößt. Am Schluss ist es sicherlich auch eine gewisse Abwägung: Das Positive muss auf jeden Fall überwiegen. Es kann aber sicher kein Unternehmen unterstützt werden, das Biodiversität fördert aber keinen Wert auf Geschlechtergerechtigkeit legt. Wir schauen also auf alle Aspekte eines Unternehmens. Das ist aus meiner Sicht auch etwas besonderes, das wir mit den zwei bis drei anderen Banken teilen, die im sozial-ökologischen Bereich tätig sind.

Lass uns nun einmal annehmen, ich möchte gemeinsam mit anderen Menschen eine Initiative für den sozial-ökologischen Wandel gründen. Zum Beispiel ein Transformationszentrum, eine solidarische Landwirtschaft oder ein Repair-Café. Was ist wichtig zu wissen, wenn ich mich bezüglich einer Finanzierung an die GLS-Bank wenden möchte? Welche Tipps kannst du den Leser:innen mitgeben?

Generell geht das mittlerweile online ganz gut über unsere „Klickstrecke“. Da können Menschen schon erste Angaben zum Projekt machen und wir prüfen direkt, ob eine Finanzierung in Frage kommt. Bei größeren Projekten über 100.000 € gibt es eine eigene Abteilung, die sich damit beschäftigt.

Man sollte sich vorab auf jeden Fall die Frage stellen, ob das Projekt zur GLS-Bank passt und z.B. einen sozial-ökologischen Mehrwert birgt. Am Ende des Tages müssen natürlich auch die wirtschaftlichen Bedingungen passen, da wir wie alle anderen Banken auch an die entsprechende Regulatorik gebunden sind. Da unsere Anleger*innen darauf vertrauen, dass wir ihr Geld nicht verspielen.

Stellen wir uns vor, wir befinden uns im Jahr 2040 und eure Vision hat sich erfüllt? wie muss ich mir das vorstellen und was hat sich verändert?

Für mich ist die GLS-Bank eine Möglichmacherin und hat die Branchen unterstützt und gepflegt, die sie die letzten Jahre auch gefördert hat. Sie hat sich aber auch getraut, „unsichere“ Projekte zu finanzieren, die im Sinne der sozial-ökologischen Transformation zukunftsweisend waren. Es geht aber auch über das klassische Banking hinaus. Die Beratung ist z.B. noch wesentlich umfangreicher, sodass Organisationen in positiven Geschäftsfeldern, wie z.B. Schulen noch viel stärker bei ökologischen Herausforderungen o.ä. von uns unterstützt werden. Wir begleiten auch noch intensiver Unternehmen, die sich wirklich auf den Weg machen und ehrlich nachhaltig werden wollen. Also keine Unternehmen die mit ein bisschen Nachhaltigkeitsmanagement „Greenwashing“ betreiben, sondern solche, die wirklich glaubwürdige und nachhaltige Veränderungen angehen.

2040 ist der Großteil der Landwirtschaft ökologisch, weil man einfach gemerkt hat, dass das viel schlauer ist. Wir haben die Energiewende sehr gut gemeistert und es wird neue Technologien geben, die wir 2021 noch nicht hatten. Es ist deutlich lebenswerter geworden, vor allem auch für Menschen aus der Pflege und dem sozialen Bereich. Sie bekommen nun eine ganz andere Anerkennung und Wertschätzung. Insgesamt haben die Leute viel selbst in die Hand genommen und die Veränderungen in gemeinschaftlichen und solidarischen Sinne gestaltet.