Zur Molli ist ein Ort neuer Selbstverständlichkeiten. Vegan und tauschlogikfrei dürfen alle mitmachen! Wenn ihr wollt könnt ihr hier euren Kaffee trinken, müsst ihr aber nicht! Es gibt keinen Konsumzwang und auch keine Preise. Den Mitmach-Kiosk und das Mitmach-Café findet ihr in Salzderhelden (so heißt der Ort tatsächlich), in Niedersachsen.
Ein Interview mit Lotte von der Molli
Was genau ist die Molli und wie ist das Projekt entstanden?
Die Molli ist ein Mitmach-Kiosk und – Café im Bahnhofsgebäude von Salzderhelden. Wir orientieren uns an dem Konzept der Tauschlogikfreiheit. Es gibt also keine festen Preise, sodass alle Menschen (auch ohne Geld) die Möglichkeit haben, das Angebot des Kiosks zu nutzen. Alle Lebensmittel, die wir anbieten sind vegan. Alkohol und Zigaretten gibt es nicht. Bis zu einem gewissen Grad sind wir also drogenfrei, wobei es schon Kaffee und Zucker gibt 😉
Die Idee ist vor ungefähr einem Jahr entstanden. Der Ort wurde schon vorher vom Vorpächter als Kiosk genutzt. Als der Kiosk geschlossen wurde, hatten wir die Idee, einen Kiosk nach anderen Selbstverständlichkeiten zu gestalten. Ziel war es mit den Menschen im Dorf in Kontakt zu kommen und Menschen mit neuen Ideen zu inspirieren. Eröffnet wurde der Kiosk dann im Juli 2021.
Wie wird der Kiosk finanziert?
Der Bahnhof gehört der Stadt Einbeck. Glücklicherweise müssen wir der Stadt keine Pacht bezahlen. Ein wirtschaftlich orientierter Betrieb an diesem Ort wäre sowieso schwer umzusetzen. Deshalb freut sich die Stadt, dass wir den Ort beleben. Im Ausgleich kümmern wir uns um die Bahnhofshalle und -toiletten. Die weiteren anfallenden Kosten, wie z.B. Lebensmittel und Strom decken sich inzwischen über den laufenden Betrieb der Molli. Obwohl es keine festen Preise gibt, geben oder spenden Menschen genug Geld. Wir kümmern uns alle ehrenamtlich um die Molli und zahlen uns daher kein Gehalt für die Schichten im Kiosk aus. Die Konzerte, die in der Molli stattfinden, werden zum Teil von Förderprogrammen bezuschusst und unterstützt (technisches Equipment, etc.).
Wie wird die Molli und die Idee in der Region aufgenommen?
Zum Teil wird die Idee sehr positiv bewertet. Zur Eröffnung kam unter anderem die Bürgermeisterin von Einbeck vorbei. Teilweise kommen sogar Menschen am Sonntag aus Hannover, um einen veganen Kuchen zu essen und um das Projekt zu unterstützen. Das Projekthaus „K20“ und die Gemeinschaft wird im Dorf durch den Kiosk besser wahrgenommen. Der Ort dient also auch als dazu, leichter in Kontakt mit den Menschen zu kommen.
Auf der anderen Seite konnten manche Menschen noch keinen Zugang zu dem neuen Konzept des Kiosks finden. Vorher bestand das Kernangebot aus Zigaretten, Bier, Bild-Zeitung und Fleischkäsebrötchen.
Was hat dich persönlich dazu bewegt in der Molli mitzuwirken?
Ich finde es gut, den Menschen vor Ort zu begegnen und ins Gespräch zu kommen. Da ich früher schon in der Gastro gearbeitet habe, wusste ich, dass es mir viel Spaß macht, Leuten einen Kaffee zu machen. Der Ort ist super schön geworden. Deshalb bin ich gerne dort. Ich übernehme zwei Schichten in der Woche. Das gibt mir eine gute Struktur für meinen Alltag.
Welche Rolle übernimmt die Molli in Bezug auf die sozial-ökologische Transformation?
Aus meiner Perspektive ist die Molli ist eine sehr niedrigschwellige Begegnungsstätte und bietet Raum, um sich mit dem Thema der Tauschlogikfreiheit auseinanderzusetzen. Ich merke richtig, wie das Menschen innerlich anstößt, wenn sie das erste Mal bei uns sind und fragen: „Wie, ich kann so viel bezahlen, wie ich möchte? Aber was kostet das denn jetzt?“ Dadurch werden potenziell kapitalismuskritische Perspektiven eröffnet und Menschen können der Frage nachgehen, welches Verhältnis sie persönlich zu Geld haben.
Ich finde es auch wichtig, dass es Orte gibt zu denen Menschen einfach hinkommen können. Im Kiosk gibt es deshalb auch keinen Konsumzwang. Du kannst dich einfach hinsetzen ohne etwas essen oder trinken zu müssen. Der Ort soll möglichst für alle zugänglich sein. Im kommenden Sommer wollen wir die Molli wieder verstärkt als Mitmach-Café etablieren.
Das ausschließlich vegane Angebot kann, insbesondere im ländlichen Raum, Transformation anstoßen. Teilweise probieren Menschen nach anfänglicher Skepsis zum ersten Mal in der Molli Hafermilch.
Was ist deine Vision für die nächsten 10-20 Jahre?
Ich wünsche mir, dass wir sowohl in den Dörfern als auch in den Städten verstärkt öffentliche Räume gestalten, die für alle zugänglich sind und die von der Konsum- und Privatisierungslogik abgekoppelt werden. Es braucht Räume, an denen sich Menschen begegnen können, an denen Veranstaltungen stattfinden und an denen neue Selbstverständlichkeiten gelebt werden. Ich wünsche mir das regionale Strukturen gestärkt werden, um die Lebensqualität im ländlichen Raum zu erhalten.
Vielen Dank für das Interview und euer Engagement!